Jugendliche Youtuber im Gespräch mit Andreas Neidl, Verein Bahnfrei
Einige der Bahnfrei-Jugendlichen sind aktive Youtuber*innen, betreiben ihren einen eigenen Kanal und zeigten in der Vergangenheit großes Interesse daran, auch Content in unserem Jugendtreff zu erstellen. Daraus ist im Sommer 2019 die Idee entstanden, gemeinsam mit ihnen einen Kanal für den Jugendtreff Waggons zu starten. Im Projekt „Influencer“ produzieren Bahnfrei-Jugendarbeiter*innen und Jugendliche seither vor und hinter der Kamera verschiedene Videoformate für den Kanal „Waggons21“.
Die Entscheidungen im Projekt werden gemeinsam getroffen und die Administration des Kanals erfolgt ebenso gleich aufgeteilt zwischen Jugendarbeiter*innen und Jugendlichen. Ziel ist es, ein digitales Angebot zu schaffen, das weitgehend von Jugendlichen getragen wird. Dabei setzen wir an den Potentialen digitaler Plattformen an und wollen außerdem die dort bestehenden Jugendkulturen aktiv fördern.
Ich habe via Videokonferenz ein Interview mit dem Kernteam des Projekts geführt, um Interessierten einen Einblick in das Projekt zu geben und darüber hinaus die Faszination an Youtube aus Sicht der Jugendlichen erfahrbar zu machen. Interviewt wurden die beiden Jugendarbeiter Daniel und Leo und die drei Jugendlichen Hindam (15) aka Hindam1210, Ram (13) aka RamBoZZ und Sharif (13).
Viel Spaß beim Lesen!
Wie ist das Projekt „Influencer“ entstanden?
Sharif: Wir haben uns gedacht, wir starten einen Youtube-Kanal, weil es uns Spaß macht. Es gehören die Bahnfrei-Mitarbeiter und noch ein paar Jugendliche dazu.
Daniel: RamBoZZ und Hindam1210 hatten schon einen Kanal und Erfahrung damit, ich hatte Youtube bisher nur konsumiert aber irrsinnig viel Potential gesehen, dass wir in Bezug auf die Waggons selber etwas produzieren.
Was sind eure Aufgaben im Projekt und was war eure Motivation dabei zu sein?
Hindam1210: Wir haben gleich am Anfang verschiedene Formate ausprobiert, wie zum Beispiel RamBoZZ die „Room-Tour“, ich mehr die Challenges, Daniel die „Bahnfrei-News“ und Sharif war meist hinter der Kamera.
Sharif: Ich mach’s nicht, dass wir jetzt viele Likes bekommen, sondern weil mir das Filmen einfach Spaß macht und mit anderen Videos zu drehen.
Daniel: Ja es ist viel Spaß, es ist teilweise auch Ärger, Stress, positiv und negativ behaftet, aber auch das fühlt sich gut an, die Kreativität von anderen zu spüren ist sehr nice, und dass es so offen ist für alle Ideen.
Was sind eure Ziele im Projekt und wie geht es nun aktuell weiter?
Daniel: Ziel ist Information und Entertainment. Und das Entertainment ist nicht nur bei den Leuten, die sich‘s anschauen, sondern auch bei uns. Wir entertainen uns quasi selbst. Es ist viel möglich, man kann hinter der Kamera, vor der Kamera sein, viel ausprobieren. Wir wollen die Jugendlichen außerdem mit Equipment und Knowhow unterstützen. Viele haben ja auch ihre eigenen Kanäle.
RamBoZZ: Jetzt gerade wird weiter gehustlet (sich ins Zeug legen Anm.) an den Videos. Bei den alten und neuen Formaten soll es weitere Folgen geben. Was wir schon vor der Quarantäne gedreht haben ist „Jugendarbeiter*innen reagieren auf…“. Es ist schon eine Folge online, zwei Folgen, die wir schon gedreht haben, kommen noch. Da arbeiten wir gerade am Schnitt.
Hindam1210: Es wäre außerdem cool, wenn wir es schaffen, eine noch größere Community aufzubauen, also eine größere Masse an Leuten noch zu erreichen und zu unterhalten.
Was denkt ihr über Youtube und Creator? Was macht die Faszination aus?
Sharif: Es gibt einfach alles auf Youtube, von Entertainment bis zu hilfreichen Sachen. Es macht auch viel Spaß, sich irgendwelche Videos anzuschauen, und die Kommentarfunktion ist auch gut, weil man so mit der Community chatten kann.
Hindam1210: Und jeder Creator kann einfach Videos machen und sie veröffentlichen.
RamBoZZ: Genau etwas zu verewigen, Sachen die man cool fand, einfach hochzuladen als Erinnerung und sie sich später wieder anzuschauen. „Eij das haben wir gemacht“. Das ist halt auch nice.
Leo: Wichtig ist auch die Vielfalt, es gibt Nischen, jeder der eine Leidenschaft für etwas hat, kann etwas filmen, hochstellen und schauen wer diese Leidenschaft teilt und so entsteht eine Community.
Youtuber*in als Beruf – wäre das was für euch?
RamBoZZ: Ich habe mir wirklich Gedanken gemacht, ob es geht, aber es ist sehr schwierig. Man denkt, einfach Youtuber werden, den ganzen Tag vorm PC bisschen zocken und schnell mal ein Video machen, haben wir tausend Euro, aber es ist nicht so. Sie verschärfen ständig ihre Monetarisierungs-Sachen. Du musst tausend Abonnenten haben und viertausend Stunden öffentliche Wiedergaben. Man sieht wie schwierig es ist, es zu monetarisieren, weil du Werbung reinpacken musst und es ist wenig, glaube 0,5 Cent pro Klick, die du bekommst.
Hindam1210: Und eine Sache, die viele nicht wissen, ist, dass man die Hälfte seiner Einnahmen versteuern muss. Es ist viel komplexer als man denkt, also wenn man Geld damit verdienen will, muss man sich wirklich viel damit beschäftigen.
Gibt es Dinge, die ihr an Youtube nicht gut findet?
Sharif: Es gibt fast keine Videos ohne Hate und das wird auch von Youtube nicht gesperrt. Wenn man Youtuber werden will, man muss damit leben können, dass man Hate bekommt, weil man es nicht allen Recht machen kann.
Hindam1210: Ich würde Kritik positiver sehen, dann weißt du warum die Leute deine Sachen nicht mögen. Kritik gehört dazu. Das ist eine ganz schlechte Sache, das zu verstecken. Das sieht man auch bei den Youtubern, die versuchen, Likes und Dislikes zu verbergen und sogar Kommentare ausstellen. Ich habe den Eindruck, dass es gerade dann eine riesige Hatewelle gibt und keiner die mag.
RamBoZZ: Es gibt immer Hater und Neider, Kommentare wie „du bist sch…“, lösch das, die verbessern dich nicht. Es gibt aber auch Kommentare, die helfen, „hey du entertainst mich“. Das Problem ist, die Hater wollen Aufmerksamkeit und man darf ihnen keine Aufmerksamkeit geben, manchmal ist es besser, wenn du die ignorierst, dann hast du gewonnen.
Leo: In Bezug auf die Reichweite finde ich es ungerecht, wenn man viele Abonnenten und viele Klicks hat, dass diese Videos eher vorgeschlagen werden, als Leute die gerade anfangen. Wer entscheidet das? Was sind die Algorithmen, die entscheiden, wer vorgeschlagen wird? Wie hängt das mit Werbung zusammen? Das ist sehr intransparent.
Was würdet ihr Leuten raten, die ein ähnliches Projekt machen wollen?
RamBoZZ: Unseren Kanal „Waggons21“ verlinken 😊. Und eigene Formate finden, die Spaß machen.
Hindam1210: Sich jemanden holen, der Videos schneiden kann und sich von Leuten, die sich auskennen, Tipps geben lassen.
Sharif: Viele lustige Videos machen und sie sollten auch schauen, dass sie gutes Licht und gute Qualität haben. Als wir dann besseres Licht und bessere Bildqualität hatten, sind die Aufrufe höher gegangen, weil die Leute Videos mit guter Qualität besser finden, als Videos die verpixelt sind.
Daniel: Es braucht bei allen, die dabei sind, Interesse dafür. Damit meine ich die Jugendarbeiter*innen und die Jugendlichen auch, sonst hat man auch keinen Spaß daran.
Leo: Mein Tipp ist noch, dranbleiben, Fehler machen, Fehler ausbessern. Man sieht das auch auf unserem Kanal, jeder weitere Film wird besser. Also dranbleiben und Spaß haben!
Link: Youtube Kanal Waggons 21
Andreas Neidl
Bahnfrei – Verein zur Förderung innovativer Jugendarbeit im Stadtteil
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