AGBs Jugendtreff Eleven: Real Life Nutzungsbedingugen

Eine Aktion zum Safer Internet Month

Was wäre, wenn du auch in real life beim Betreten eines Raumes deine Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen geben müsstest? Würdest du sie lesen? Würdest du sie auch so leichtfertig unterschreiben, wie du im Internet auf „akzeptieren“ klickst?

Das wollten wir herausfinden und gleichzeitig unsere Jugendlichen für dieses Thema sensibilisieren. Für die Aktion haben wir eigene AGBs geschrieben. Die erste halbe Seite der AGBS bestand aus unseren üblichen Hausregeln. Erst im weiteren Text wurden die Regeln ein wenig seltsamer…

Ohne „Bitte“ und „Danke“ erkläre ich mich bereit für eine Pizza, die ich im Jugendtreff ELEVEN käuflich erwerbe 0,50€ mehr zu bezahlen. Durch die Nutzung des Jugendtreffs, erlaube ich den Betreuer:innen freien Zugriff auf mein Handy – alle Kontakte, Videos, Fotos und Chatverläufe sind bei Aufforderung zu präsentieren. Mit meiner Unterschrift zu den AGBs stimme ich außerdem zu mindestens einmal pro Besuch zu lachen und jemanden der Betreuer:innen zum Lachen zu bringen.

Natürlich war uns wichtig, dass die AGBs schön lange sind, um das Durchlesen unattraktiver zu machen. Die Widerrufsbelehrungen waren sogar auf der Rückseite. Also leicht zu übersehen. Die Jugendlichen durften den Raum erst nach dem Unterschreiben der AGBs betreten.

Nur ein paar Personen haben sich beschwert und wollten nicht unterschreiben, obwohl sie das Papier gar nicht durchgelesen hatten. Schlussendlich haben zu unserer Überraschung aber alle Besucher:innen unterschrieben. Nur wenige haben sich einen Teil der AGBs durchgelesen und waren beruhigt, weil zu Beginn nur die üblichen Hausregeln beschrieben wurden. Zwei Personen haben sich den Nutzungsvertrag zur Gänze durchgelesen. Warum haben diese beiden dann unterschrieben? „Ich vertraue euch und meine Chats könnt ihr gerne alle lesen. Das stört mich nicht. Außerdem will ich ins Jugi!“

Die meisten Besucher:inen haben nach eigener Angabe nur deswegen unterschrieben, weil ihre Freunde unterschrieben haben. Vor allem aber, wollten sie einfach den Raum nutzen und es war ihnen egal was sie unterschreiben.

Als wir im Verlauf des Abends begannen die Regeln umzusetzen, (die sie gar nicht kannten, weil sie sie ja nicht durchgelesen hatten) hat es dann doch für Aufregung verursacht. Wir forderten die Jugendlichen zum Beispiel auf, uns ihre Handys freizuschalten, damit wir auf ihre Chatverläufe und Fotos zugreifen konnten.

Das hat natürlich viele Emotionen ausgelöst:

  • Hilflosigkeit „Muss ich wirklich? Aber das sind ja meine ganz privaten Nachrichten…ich mag das nicht herzeigen“
  • Ärger „Sicher nicht“ „Ihr verarscht mich doch“
  • Gleichgültigkeit „Ihr könnt das gerne anschauen“
  • Widersprüchlichkeit „Wenn WhatsApp (oder ähnliche Apps) meine Daten abgreifen ist mir das egal, aber euch kenne ich ja, da will ich nicht, dass ihr das seht.“
  • Unsicherheit „Dürft ihr das überhaupt?“
  • Ungläubigkeit „Ist das euer Ernst?“ „Bleibt das jetzt für immer so?“
  • Erkenntnis „Ihr habt uns jetzt voll am A…“

Den ganzen Abend lang gab es kein anderes Thema. Dass die Jugendlichen großes Vertrauen in uns haben, wurde oft von ihnen angesprochen. Vor allem reagierte niemand aggressiv. Die Besucher:innen fanden es unterhaltsam und konnten sich gut darauf einlassen.

Und gelernt haben alle was:

„Ich habe heute was gelernt: Ich unterschreibe nie wieder etwas, ohne es durchzulesen!“

„Bei euch unterschreibe ich nix mehr!“

Sabine Rößler

Stadt Wien MA13

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